Konzertbericht

Youn Sun Nah in München

19/05/2009 2009-05-19 13:00:00 KoME Autor: Andy

Youn Sun Nah in München

Ein Konzertbericht zum Auftritt der sympathischen Jazz-Künstlerin in Münchens Jazzclub Unterfahrt


© Nah Inu / ACT
Am Donnerstag, dem 7. Mai 2009, war das erste Deutschlandkonzert zu Youn Sun Nahs neuer Album-Tour Voyage. Das Konzert fand im Münchener Jazzclub Unterfahrt statt, der bis zum Beginn um 21 Uhr bis auf den letzten Platz besetzt war. Unter dessen Publikum war auch das komplette Label-Team von ACT Records zu finden, welche Youn Sun Nah seit diesem Jahr unter Vertrag haben und sie selbst das erste Mal live auftreten sahen. Der Jazzclub war, wie man sich einen Jazzclub, in dem man sich wohl fühlt, vorstellt. Relativ klein, es war eine freundliche Atmosphäre, überall standen Tische und Stühle – man konnte während des Konzertes schön etwas zusammen trinken und, wahrscheinlich dank der Größe des Clubs, gab es eine hervorragende Akustik.

Um 19.30 Uhr war Einlass und obwohl das Konzert erst um 21 Uhr begann, war der Club schon um 20 Uhr gut besucht, da viele die Gelegenheit nutzten und noch vor dem Konzert zu Abend aßen.
Kurz nach 21 Uhr ging das Konzert los, Youn Sun Nah und Ulf Wakenius wurden von einer deutschen Moderatorin angekündigt. Jedoch kam zuerst nur Ulf Wakenius auf die Bühne und hieß das Publikum herzlich Willkommen und redete dabei in das Mikrofon als würde er einem guten Freund etwas ins Ohr sagen. Er erklärte, dass, bevor Youn Sun Nah auf die Bühne käme, er noch zwei Lieder aus seinem Repertroire spielen würde.

Ulf Wakenius ist, um es dezent auszudrücken, ein Meister an der Gitarre und lässt einen sofort verstehen, warum er in der Jazzszene für seine Musik weltberühmt ist. Seine Stücke scheinen perfekt vorgetragen zu sein und sind gespickt mit beeindruckenden Einlagen, die von einem großen Können zeugen.
Ulf Wakenius erzeugte mit seinen Stücken eine Atmosphäre, die auf mehr hoffen ließ und nachdem er fertig war, kam auch schon Youn Sun Nah auf die Bühne. Schon während Ulf Wakenius noch spielte konnte man hin und wieder die kleine Koreanerin mit der gewaltigen Stimme verlegen durch die Eingangstür spicken sehen. Sie war sehr aufgeregt und sagte das auch sofort. Sie hieß das Publikum auch noch einmal Willkommen, bedankte sich bei Ulf Wakenius und setzte sich auf ihren Barhocker, der mitten auf der Bühne stand.

Der erste Song, den sie spielten, ist auch der erste Song, der auf Youn Sun Nahs neuem Album Voyage zu finden ist - Dancing With You. Von ihrer Aufregung war auf einen Schlag nichts mehr zu spüren und es stand eine selbstsichere, stimmgewaltige Frau auf der Bühne. Es breitete sich eine warme und melancholische Atmosphäre aus, das Licht wurde gedimmt. Youn Sun Nah und Ulf Wakenius sind ein eingespieltes Duo, das wurde sofort zu Anfang klar, als Youn Sun Nah nicht den üblichen Einsatz für das Lied wählte, sondern lieber abwartete und eine doch rege non-verbale Kommunikation zwischen den beiden stattfand. Obwohl es ein sehr ruhiger Song ist, bleibt er im Kopf hängen, da Youn Sun Nah eine kleine Blasharmonika hatte, mit der sie eine Melodie des Liedes spielte. Es sorgte zum einen für eine kleine Auflockerung, strahlte aber auch sehr viel Improvisationskunst und Kreativität aus.

Die nächsten beiden Songs auf der Setlist des Abends waren Calypso Blues - ein Cover von Nat King Cole - und Para machucar meu coração - gecovered von João Gilberto. Wobei die Orginale der Songs natürlich unangefochten sind, müssen sich Youn Sun Nahs Versionen keineswegs hinter diesen verstecken. Man bemerkt in den Liedern “sie selbst” und sie hat sie einwandfrei auf ihre Art umgesetzt.

Sie kündigte an, dass sie jetzt wieder ein selbstgeschriebenes Lied singen würde. Dieses besagte Lied war The Linden und war einfach nur hinreißend. Ihre ruhige, aber dennoch feste Stimme füllte den ganzen Raum mit Melancholie und überzeugte wohl auch den letzten Zuhörer, dass dieser Abend ein ganz denkenswürdiger Abend sein würde.
Wer aber nach The Linden noch ein wenig Zweifel hatte, dürfte nach dem nächsten Song, Frevo, vollends überzeugt worden sein. Obwohl das Orginal von Egberto Gismonti nie für Gesang vorgesehen war und man es sich bis zu diesem Abend nie mit Gesang hätte vorstellen können, haben die zwei Musiker das Gegenteil bewiesen. Da die Gitarrenmusik von Ulf Wakenius etwas schlichter gehalten wurde, wirkte das Lied mit Gesang nicht zu überladen sondern zeigte auch auf musikalischer Ebene die sehr gute Zusammenarbeit zwischen Youn Sun Nah und Ulf Wakenius. Dass es eigentlich keinen Text gab und Youn Sun Nah nur die Melodie sang, als würde sie Gesangsübungen machen, war eher eine Bereicherung als Beeinträchtigung für das Lied.

Nach Frevo verabschiedete Youn Sun Nah die Zuhörer in die Pause und sagte mit einem unsicheren Lächeln, dass sie sich freuen würde, wenn auch ein paar wiederkämen und nicht alle gleich heimgingen. Plötzlich stand wieder die unheimlich aufgeregte, aber äußerst liebenswerte Youn Sun Nah auf der Bühne.

Die Pause nutzten die meisten Besucher um kurz vor die Tür zu gehen und frische Luft zu schnappen oder sich neue Getränke zu bestellen, da sich das Gastronomie-Team vom Jazzclub Unterfahrt darauf geeinigt hatte, nicht während des Konzertes zu bedienen, um mögliche Störungen zu vermeiden. Manche nutzten auch die Gelegenheit um mit Youn Sun Nah oder Ulf Wakenius zu reden.

Nach der 20-minütigen Pause fanden sich wieder alle Besucher auf ihren Plätzen ein und Ulf Wakenius kam wieder alleine auf die Bühne um zwei weitere Lieder von sich zu spielen.
Nachdem Ulf Wakenius fertig war, kam auch sofort Youn Sun Nah auf die Bühne, denn sie hatte wie zuvor auch schon durch die Eingangstür geschaut. Sie sagte, dass der nächste Song Voyage sein würde, nach dem auch ihr Album benannt wurde und sinnierte ein wenig darüber, dass Jazz wie eine Reise sei.
Sie schien ein wenig verändert als sie Voyage sang. Es war eher eine Veränderung in der subtilen Wahrnehmung, aber sie kam ein wenig ernster rüber, was den Anschein erweckte, dass ihr dieses Lied etwas mehr bedeutete als andere.
Das nachfolgende Lied war Doralice, ein sehr erfrischender und fröhlicher Bossa Nova Jazz-Song, wieder auf Portugiesisch.

Youn Sun Nah hielt vor dem nächsten Lied, Shenandoah, wieder eine kleine Ansprache, in der sie ein bisschen zu dem Lied erzählte, beziehungsweise was die Beweggründe waren es in ihr Programm aufzunehmen. Sie wirkte sehr aufgewühlt und sie fing an, ihre Hände gegeneinander zu drücken, als würde es sie sehr viel Kraft kosten nicht in Tränen auszubrechen. Sie kannte Shenandoah schon seit ihrer Kindheit und es erinnere sie sehr an ihren Vater. Es war für Youn Sun Nah wohl der emotionale Höhepunkt des Konzerts, denn wenn man genau hinsah, konnte man ein leichtes Glitzern in ihren Augen sehen. Wobei das vorletzte Lied auf der Setlist nicht minder gefühlvoll war: Ne me quitte pas, ein typisches französisches Chanson, ursprünglich von dem leider verstorbenen Jacques Brel. Spätestens hier war der Knoten geplatzt und ihr rollte die eine oder andere Träne über die Wange.

Das Lied, das den Abend hätte beenden sollen, war Jockey full of Bourbon, bei dem Youn Sun Nah und Ulf Wakenius noch einmal ihr Bestes gaben. Youn Sun Nah sang zum Höhepunkt in den höchsten Tönen, dass ein fast unmerkliches Quietschen dabei heraus kam, das aber über eine beeindruckend lange Zeit ohne Luft zu holen, wo der Eine oder Andere wohl schon längst hechelnd auf dem Boden gelegen hätte. Über den ästhetischen Wert dieser Einlage lässt sich streiten, sicher aber nicht darüber, was für einen Eindruck sie hinterlassen hat. Zum einen stellte Youn Sun Nah nochmals ihr Können als sehr gute Sängerin unter Beweis und zum anderen was für eine sagenhaft gute Kommunikation zwischen ihr und Ulf Wakenius besteht und wie gut sie harmonieren.

Der viele Applaus überwältigte Youn Sun Nah sichtlich, sie sah noch verängstigter und schüchterner aus als zu Anfang. Sie hatte wohl nicht mit dieser starken, positiven Resonanz gerechnet und war schlichtweg von den Socken. Beide bedankten sich mehrere Male beim Publikum und zeigten in einer eleganten Handbewegung auf den jeweils anderen, was wohl unter den Zweien ein kleiner Running Gag ist.
Youn Sun Nah und Ulf Wakenius verließen zusammen die Bühne, doch da die Zuschauer weiterhin applaudierten und eine Zugabe forderten, kam schließlich Youn Sun Nah zurück auf die Bühne und meinte, dass das Konzert doch eigentlich schon vorbei sei und grinste dabei.

Als erste Zugabe stimmte sie das koreanische Volkslied Arirang an und forderte zumindest die koreanischen Zuschauer auf, mitzusingen. Wo sich anfangs nur wenige trauten, sangen Silbe für Silbe immer mehr mit, bis schlussendlich auch die deutschen Zuschauer mitsangen und Youn Sun Nah sichtlich ein weiteres Mal vom Publikum überrascht wurde. Am Ende des Liedes gab es noch einen männlichen "Saranghae Youn Sun Nah!"-Zwischenruf, der die Jazzsängerin zum Lachen brachte.
Sie verließ dann wieder die Bühne, doch da der Applaus wiederum nicht nachließ, kam sie ein zweites Mal zurück, sagte, dass das Konzert nun doch wirklich vorbei sei und konnte ein kleines Schmunzeln nicht zurückhalten.

Das (wirklich) letzte Lied für diesen Abend war ein ganz persönliches Lied: My favourite Things. Als Begleitung hatte sie eine Handdrehorgel, die eine sehr zarte Melodie spielte. Eine sehr schöner Abschluss für das Konzert und man musste einfach schmunzeln wenn sie eine kleine Pause machte, in die Runde blickte und dann “Schnitzel” sagte (eines ihrer “favourite things”, das sie aufheitert, wenn sie sich mal nicht so gut fühlt).

Nach dem Konzert war es noch möglich an der Kasse das Album Voyage zu erstehen und es sofort von Youn Sun Nah und Ulf Wakenisu signieren zu lassen, oder einfach nur kurz mit den Zweien zu reden.

Abschließend kann man sagen, dass es eines der schönsten und vor allem emotionalsten Konzerte war, die wir besuchten. Youn Sun Nah und Ulf Wakenius muss man einfach live gesehen haben, um die Schönheit ihrer Musik begreifen zu können und außerdem ist Youn Sun Nah eine äußerst liebenswerte Frau, die man einfach nur in den Arm nehmen und knuddeln möchte.
Wir können nur jedem, der die Möglichkeit hat, mit bestem Wissen und Gewissen anraten die Voyage-Tour zu besuchen und sich selbst davon zu überzeugen, warum sie von der französischen Presse als eine der bemerkenswertesten Künstler dieser Zeit gefeiert wird.


Setlist:

1. Set:
Dancing with you
Calypso Blues
Para Machucar mei coração
The Linden
Frevo

2. Set:
Voyage
Doralice
Shenandoah
Ne me quitte pas
Jockey full of Bourbon

Zugabe:
Arirang
My favourite Things
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